Was uns die Kreuzkirche ohne Worte erzählt

Skulptur

„Mach´s wie Gott – werde Mensch“

Wenn Sie in der Kreuzkirche sitzen, sehen Sie links vorn an der Wand eine kleine Skulptur aus Holz, daneben eine brennende Kerze – Josef, Maria und das Jesus-Kind. Sie sehen da einen Vater, der hinter seinem Kind steht im wahrsten Sinne des Wortes, einen Mann, der hinter seiner Frau steht, eine Mutter, die ihrem Kind Geborgenheit schenkt, eine Frau, die Ruhe und Vertrauen ausstrahlt für alles um sie herum. Ein schönes Bild.

Aber ist das nicht eine „Heile-Welt-Idylle“, so idealisiert wie der pausbäckige Jesusknabe? Für Maria und Josef damals war die Geburt ihres Kindes in der Fremde, abgeschoben in einem Stall, harte Realität. Und auch heute ist das Zusammenleben von Frauen und Männern, von Familien mit Kindern, von Menschen, die allein leben, keine heile Welt.

Gestiftet wurde die „heilige Familie“ in der Kreuzkirche von Eltern zum Gedenken an ihren im 2.Weltkrieg umgekommenen Sohn. Dadurch wird für mich dieses sanfte Bild zu einem Schrei nach Frieden, zu einem Protestruf gegen das, was Männer und Frauen einander manchmal antun, zu einer Anklage all dessen, was Kinder in unserer Gesellschaft und weltweit leiden.

„Über denen, die wohnen im finsteren Land, scheint es hell…denn uns ist ein Kind geboren,“ sagt der Prophet Jesaja. Mitten in diese Welt wird Gottes Sohn hineingeboren, schutzlos, gefährdet, verletzlich in seiner Liebe – wie du selbst, wie deine Kinder, wie die Menschen, die dir nahe sind.

So lehrt uns das weihnachtliche Bild neu die Ehrfurcht vor dem Leben und weckt die Sehnsucht nach einem Leben ohne Gewalt, ohne die Ungerechtigkeit des Hungers, ohne die Verwahrlosung der Kleinsten.

Und: Je länger ich mir Zeit nehme, darüber nachzudenken, desto mehr enthüllt mir das Bild auch ein Versprechen: Du bist es, der sich bei Gott aufgehoben wissen darf wie ein Kind im Schoß der Mutter, liebevoll angeschaut von Gott und geborgen in seinem Wohlgefallen. Du bist gewollt und es ist gut, dass du am Leben bist!

Das ist doch das Geheimnis von Weihnachten:

Ganz Kind sein zu dürfen im Glauben an Gott und deshalb in Wahrheit erwachsen zu werden. Bei Gott ganz Kind sein zu dürfen und nachholen zu dürfen, was uns vielleicht oft gefehlt hat im Leben, um endlich auch ganz erwachsen zu sein und wirklich Verantwortung zu übernehmen für unser Leben und für diese Welt, die so nach Verantwortungsbewussten ruft.

Bei genauerem Hinschauen sehe ich, wie Maria und Josef die Augen leicht geschlossen haben, als ob sie auf eine innere Stimme lauschen.

Was sagt dir die Stimme Gottes im Herzen nicht nur zu Weihnachten? Vielleicht der Auftrag: Du, sei wie Josef. Ein anderer Mensch braucht dich! Du, sei wie Maria. Lass Gott durch deine Art zu leben zur Welt kommen. Wir alle werden gerade auch mit unseren menschlichen Stärken gebraucht, in unseren Berufen, in unseren Familien zu Hause, in unserer Nachbarschaft mit zu helfen, dass Vertrauen und Hoffnung wachsen können und Gott in dieser Welt Wohnung findet.

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